Die Kräfte der Natur unterstützen

Gemeinsam im Wald engagiert: Revierförster Tim Hannappel und Bürgermeister Helmut Schmidt (v. l.) am Gatter, das die Verjüngung der Eichenbestände sichern soll. Sind die jungen Eichen stark genug und keine leichte Beute mehr für das Rehwild, können die Zaun-Elemente abgebaut werden und andernorts wieder zum Einsatz kommen. Bild: Axel Bernatzki / Energieagentur Rheinland-Pfalz

Waldböckelheim im Nahetal: Die Ortsgemeinde im Nahetal zählt zu den größten Waldbesitzern in der Region. Die Förderung der Forstwirtschaft durch Bund und Land nutzend, hat die Kommune viele Maßnahmen realisiert, unter anderem hat sie knapp 100 Hektar (ha) ihrer rund 600 ha großen Waldfläche stillgelegt. Auf dieser Fläche ist die  Bewirtschaftung für die nächste Zeit vollständig eingestellt. Die Kräfte der Natur soweit irgend möglich zu nutzen – diese Überzeugung tragen Gemeinderat und Landesforsten gemeinsam; und praktizieren sie nicht nur auf den stillgelegten Flächen.

Das Zusammenspiel zwischen Waldbesitzer und Forstamt ist für Konrad Leicht, Leiter des Forstamts Soonwald, „ein Paradebeispiel für eine gelungene Partnerschaft, die sich gegenseitig befruchtet“. Vor Ort sind die Akteure Ortsbürgermeister Helmut Schmidt und Revierleiter Tim Hannappel.

Der Ortstermin mit den beiden Männern führt einen Stichweg hinunter zu einer aus einem Gatter mit Holzlatten umzäunten Fläche. Hohe Eichen dahinter und überall ringsum, der Boden ist mit Eicheln förmlich „gepflastert“. Der Zaun soll und muss das Rehwild fernhalten, das sonst die jungen Eichentriebe wegfressen würde.

Förster Hannappel erläutert die Vorgehensweise: Zunächst werden bedrängende Buchen entfernt, sobald sie die Kronenhöhe der Eichen erreicht haben. , Denn so wird dem Eichen-Nachwuchs Raum und Licht verschafft. Anschließend soll der Bereich so lange in Ruhe gelassen werden, bis die jungen Eichen groß und stark genug sind. Die Gatter können dann an anderer Stelle im Wald zum Einsatz kommen.

Neben den Schutzgattern sind Lichtungen Voraussetzung für eine stabile Entwicklung der Schößlinge. Zugleich entstehen auf dieses Weise günstige Jagdreviere für Fledermäuse.

Angegriffen, krank, abgestorben

Die Folgen des Klimawandels bekommen Gemeinde und Förster immer deutlicher zu spüren. „Vor sechs Jahren gab es hier keine sichtbaren Schäden“, sagt Hannappel. Jetzt sind eben auch die als robust geltenden Eichen teilweise abgestorben, teilweise sichtbar schwer krank. Dunkle Schleimflussflecken auf der Rinde künden von Abwehrversuchen der Bäume gegen den Befall mit Eichenprachtkäfern, lichte Kronen vom Tod einzelner Eichen.

Gemeinde und Landesforsten ringen gemeinsam um den Erhalt der wertvollen Eichenbestände, nach dem Prinzip der „Nachhaltigen Waldbewirtschaftung“. Neben der Verjüngung des Waldes bedeutet das:

  • verringerte Hiebsätze (es wird weniger Holz aus dem Wald herausgeholt),
  • Umsetzung von Bewirtschaftungsplänen für Schutzgebiete (etwa FFH-Flächen),
  • Wegebau und Wasserrückhalt,
  • Anwenden des sogenannten „BAT-Konzepts“ für Biotopbäume, Altbäume und Totholz.

15 BAT-Bäume je drei Hektar sind gekennzeichnet. Sie sollen bis zum natürlichen Verfall im Bestand verbleiben, um damit Rückzugsgebiete und auch Trittsteine seltener Arten zu sein.  Das Totholz, insbesondere das stehende, bietet vielen Arten Lebensraum. Denn ohne Artenreichtum an Insekten und Vögeln hätte der Wald keine Überlebenschance.

Da unter anderem der Aufwuchs gesunder junger und mittelalter Bäume der Atmosphäre überproportional viel CO2 entzieht und in Rheinland-Pfalz ein hoher Anteil stabilerer und weniger geschädigter Laub- und Laub-Nadelmischwälder vorhanden ist, wo die Holzernte zudem an die Schadereignisse angepasst und gegebenenfalls eingeschränkt wird, fällt die Treibhausgas-Bilanz dennoch weit besser aus, als im jüngst von Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir vorgestellten Waldinventur-Bericht. Der hatte Rheinland-Pfalz ohnehin bescheinigt, dass die Waldbestände im Land, entgegen dem Bundesdurchschnitt, durchaus als CO2-Senke funktionieren.  

Das Wasser im Wald halten

Geschwächt durch eine ganze Reihe von Dürrrejahren, brauchen die Wälder unbedingt beständige Wasserreserven. Rings um Waldböckelheim ist deshalb bereits viel geschehen. Die Wege werden nach neuen Konzepten – punktuell an neuralgischen Punkten – mit  Wasserdurchlässen („Rigolen“) versehen, die Grabenwasser gezielt in Waldbestände leiten. Dort kann das Wasser in Versickerungsflächen langsam in den Waldboden eindringen. Das hält die Feuchtigkeit im Wald und ist zugleich ein Beitrag zur Hochwasser-Vorsorge.

Im Gegensatz zu den erkennbaren Arbeiten an den Wegen, werden waldbauliche Maßnahmen so durchgeführt, dass durch ein hohes Maß an Pfleglichkeit „keine großen Spuren an Natur und forstlicher Infrastruktur zu erkennen sind“, sagt Förster Hannappel. Die naturnahe und sensible Bewirtschaftung des Waldes ist auch dafür hilfreich.

Bürgermeister Schmidt schwärmt gern und eindrücklich von der natürlichen Anmutung der Waldböckelheimer Waldungen. Eine beträchtliche Zahl von FFH-Schutzgebieten („Flora-Fauna-Habitat“) nach EU-Richtlinien mache die Region für Wanderer lukrativ und stärke den Tourismus.

Sehenswerter „Urwald“

Besonders begeistert ist Schmidt vom Welschberg. Die Kuppe mit Funkmast umfasst 40 stillgelegte Hektar; auf dem eher felsigen Untergrund sei ein beeindruckender urwaldartiger Waldbestand entstanden, erzählt er – den müsse man unbedingt gesehen haben.

Der ökologische Ertrag ist im Übrigen nicht alles. Nach Jahren mit fünfstelligen Defiziten im Gemeindehaushalt, das durch intensive Investitionen in den Aufbau eines stabilen Mischwaldes zustande kam, komme man inzwischen auf eine schwarze Null, sagt der Bürgermeister. Dem Förderprogramm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ des Bundes sei Dank.

Nachhaltige Waldbewirtschaftung wird an zahlreichen Orten in Rheinland-Pfalz betrieben. Informationen zum Vorgehen in Waldböckelheim geben Revierleiter Tim Hannappel, Telefon: 06756-15580, E-Mail: tim.hannappel@wald-rlp.de, und Ortsbürgermeister Helmut Schmidt, Telefon: 06758-240, E-Mail: buerger-meister@waldboeckelheim.de

 

Die nach Dürrejahren und Schädlingsbefall nicht zu rettenden Bäume werden von den Förstern gekennzeichnet. Bild: Axel Bernatzki / Energieagentur Rheinland-Pfalz