Am 28.02.2024 veranstaltete die Lotsenstelle für alternative Antriebe der Energieagentur Rheinland-Pfalz die Online-Veranstaltung „E-Nutzfahrzeuge im Unternehmen“. Die Veranstaltung fand im Rahmen der Reihe „Zukunft der Mobilität gestalten“ in Kooperation mit der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz statt und richtete sich an Entscheidungsträger:innen, Führungskräfte, Fuhrparkmanager:innen und Mitarbeiter:innen, die in den Bereichen Nachhaltigkeit, Umwelt oder Mobilität tätig sind , von Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Größen.
Gründe zur Dekarbonisierung des (Nutzfahrzeuge-)Fuhrparks gibt es einige. Neben regulatorischen Vorgaben wird der Prozess oft auch angestoßen durch Kundenanforderungen oder eigene Nachhaltigkeitsziele der Unternehmen, um einen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels zu leisten und die Minderungsziele des Verkehrssektors zu erreichen.
Vom Konzept zur Umsetzung
Ein mögliches Vorgehen zur Elektrifizierung der Nutzfahrzeugflotte könnten folgende fünf Punkte sein, wie Jan-Lukas Hillendahl von GP Joule bei der Veranstaltung erläuterte:
- Eine Elektrifizierungsstrategie für den Fuhrpark aufsetzen und agieren statt nur zu reagieren.
- Die technische Machbarkeit prüfen und dazu den Fuhrpark und die Nutzungsprofile der Fahrzeuge analysieren.
- Ein Lade- und Standortkonzept erstellen und dabei gleich die Endausbaustufe mitdenken.
- Die (Investitions-)Kosten des Projektes abschätzen und die Finanzierung klären. Hierbei die Total Cost of Ownership (TCO) über den gesamten Lebenszyklus betrachten. Förderprogramme, die THG-Quote (ca. 300 € für Fahrzeuge der Klasse N1, ca. 2.500 für N2 und ca. 4.300 für N3 nach aktuellem Stand), die Kfz-Steuerbefreiung bis Ende 2030 und den danach 50 % reduzierten Steuersatz sowie die Mautbefreiung emissionsfreier Nutzfahrzeuge und danach 25 % des regulären Mautsatzes berücksichtigen und transparent kommunizieren.
- Ein Pilotprojekt starten und Erfahrung mit wenigen Fahrzeugen, dem Laden, … sammeln. Auch der Austausch mit anderen Unternehmen kann helfen.
Hendrik Schwuchow von Renault Trucks bestätigte nochmal das schrittweise Vorgehen bei der Umstellung des Fuhrparks und stellte die Produktpalette von Renault vor. Für jede Anwendung gibt es mittlerweile ein passendes E-Fahrzeug und die Fahrer:innen sind begeistert, da die Fahrzeuge angenehm und leise zu fahren sind. Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen außerdem, dass die Reichweitenangaben mit der Realität übereinstimmen.
Förderung
Dass die Förderung Klimaschonende Nutzfahrzeuge und Infrastruktur nicht mehr fortgeführt werden soll, berichtete Axel Blume von der NOW GmbH aus Berlin. Bisher wurden durch die KsNI-Förderung hauptsächlich batterieelektrische Fahrzeuge mit insgesamt 1 Mrd. Euro gefördert. Auch in Rheinland-Pfalz sind bereits die ersten geförderten Fahrzeuge auf der Straße bzw. Ladestationen installiert.
Fahrzeuge sollen zwar in Zukunft nicht mehr gefördert werden, stattdessen setzt der Bund auf eine Preisreduktion der Hersteller. Aber: Für die Lade- und Tankinfrastruktur werden nochmal 1,85 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt und ein initiales LKW-Ladenetz mit ca. 350 Standorten soll ausgeschrieben werden. Auch eine Förderung für Wasserstofftankstellen mit 350 bar sei je nach Haushaltslage denkbar. Immerhin sieht das Gesamtkonzept Klimafreundliche Nutzfahrzeuge der Bundesregierung vor, dass bis 2030 ein Drittel der Fahrleistung im schweren Güterverkehr elektrisch erfolgen soll.
Hilfestellung bietet z.B. der Leitfaden „Einfach Laden am Depot“, das Beratungstool „my e-Roads“ oder die Fahrzeugdatenbank - Klimafreundliche Nutzfahrzeuge.
Ladeinfrastruktur für E-Nutzfahrzeuge
Zu einer funktionierenden Logistik gehört eine abgestimmte Ladeinfrastruktur, verdeutlichte Jean-Marie Gerbaulet von der Powerlines Group. Die Ladeleistung und auch der Standort der Ladeinfrastruktur muss zu den Fahrprofilen passen. Aktuell wird entweder mit einer Leistung von 11 – 22 kW mit Wechselstrom (AC) geladen oder mit 50 – 400 kW mit Gleichstrom (DC). Das Megawatt-Laden (MCS) ist noch in der Erprobung.
Die Erfahrungsberichte aus der Praxis zeigen außerdem, wie wichtig es ist, sich frühzeitig um einen ausreichend dimensionierten Netzanschluss zu kümmern oder sich nach Alternativen wie einem dynamischen Lastmanagement oder Energieerzeugung vor Ort durch PV-Anlagen auf dem Unternehmensareal zu kümmern. Sinnvoll ist außerdem, gleich auf eine skalierbare Ladelösung zu setzen, die mitwächst.
Erfahrungsbericht aus dem Westerwald
Am Ende der Veranstaltung berichteten Michael Weib von der Westerwälder Holzpellets GmbH und Markus Langenbach von der Mann Naturenergie GmbH & Co. KG von ihren Erfahrungen mit E-Fahrzeugen. Das Unternehmen hat 48 Elektroautos verschiedenster Hersteller im Fuhrpark und 7 der 12 LKW sind bereits elektrifiziert. Außerdem finden sich auf dem Gelände 33 AC-Ladepunkte und 5 DC-Ladepunkte mit je 160 kW Leistung. Die Energie zum Laden und für das Sägewerk bzw. die Pellet-Produktion wird durch Windkraftanlagen und PV-Anlagen selbst erzeugt und bei Bedarf im 1,4 MWh Batteriespeicher zwischengespeichert.
Die Fahrer seien durchweg begeistert und das Unternehmen möchte noch weitere E-LKW in den Fuhrpark integrieren. Ob das an den 680 PS im Vergleich zu nur 450 PS bei Dieselfahrzeugen liegt? Wohl eher an den im Realbetrieb ermittelten 184 kWh Energieverbrauch pro 100 km beim E-LKW, die dem 585 kWh Energieverbrauch auf 100 km beim Diesel gegenüberstehen. Dieser Unterschied ergibt sich u.a. durch den geringeren Wirkungsgrad von Dieselmotoren.
Ausblick
Diskutiert wurden auch Alternativen wie Wasserstoff, E-Fuels oder HVO100. Die Referenten der Veranstaltung waren sich jedoch einig, dass der E-LKW das richtige Fahrzeug für die meisten Anwendungen sein wird und die Elektrifizierung des kompletten Fuhrparks auch heute schon machbar ist.
Kleine und mittlere Unternehmen aus Rheinland-Pfalz können zur Erstellung eines Konzeptes die Mittelstandsberatung RLP nutzen und sich so 15 Beratertage fördern lassen. Unterstützung bietet auch die Lotsenstelle für alternative Antriebe der Energieagentur Rheinland-Pfalz.
Weitere Informationen zur Fuhrparkelektrifizierung
Die Aufzeichnung der Online-Veranstaltung „E-Nutzfahrzeuge im Unternehmen“ ist auf dem YouTube-Kanal der Energieagentur verfügbar. Dort finden sich auch die Aufzeichnungen zu den ersten drei Veranstaltungen der Veranstaltungsreihe „Zukunft der Mobilität gestalten“.
- Alternative Antriebe – Aktuelle Trends und Perspektiven für die Mobilität von Unternehmen
- Der Weg zum elektrischen Fuhrpark: Die Fahrzeuge
- Der Weg zum elektrischen Fuhrpark: Die Ladeinfrastruktur
Übrigens sprechen nicht nur Klimaschutz und die günstigen Betriebskosten für einen Umstieg auf alternative Antriebe: Unternehmen in öffentlicher Hand oder solche, die als Sektorenauftraggeber z.B. in der Energie- und Wasserwirtschaft gelten, müssen bei ihren Beschaffungen und auch bei der Beauftragung von Dienstleistungen inzwischen eine Quote an emissionsfreien Fahrzeugen erfüllen. So schreibt es das Gesetz über die Beschaffung sauberer Straßenfahrzeuge (SaubFahrzeugBeschG) vor. Im Zeitraum von August 2021 bis Ende 2030 müssen leichte Nutzfahrzeuge zu 38,5 Prozent "emissionsarm" sein. Für schwere Nutzfahrzeuge gilt bis Ende 2025 eine Quote von 10 Prozent, die dann auf 15 Prozent zwischen 2026 und 2030 ansteigt. Auch wer nicht als Auftraggeber von dieser Regelung betroffen ist, tut gut daran tätig zu werden, um bei etwaigen Ausschreibungen der öffentlichen Hand noch wettbewerbsfähig zu sein. Hier erhalten Sie Informationen zum SaubFahrzeugBeschG und der zugrundeliegenden Clean Vehicles Directive der EU.