Wie wichtig der Wärmesektor für das Gelingen der Energiewende und für den Klimaschutz ist, zeigen nicht zuletzt die Diskussionen rund um das Gebäudeenergiegesetz und die kommunale Wärmeplanung. Denn: In Rheinland-Pfalz werden etwa 55 Prozent des Endenergieverbrauchs für das Erzeugen von Wärme und Kälte genutzt. Der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Wärmeversorgung liegt bei nur rund 11 Prozent. Mehr als 70 Prozent der Wärmenachfrage werden momentan durch die Verbrennung der fossilen Energieträger Öl und Gas bereitgestellt.
Wie die Wärmewende nachhaltig gelingen kann, welche Technologien und Rahmenbedingungen dafür notwendig sind – damit befasste sich der 11. Jahreskongress der Energieagentur Rheinland-Pfalz. Rund 200 Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Kommunen nahmen an der Veranstaltung am Donnerstag in Ingelheim am Rhein teil.
„Die Dringlichkeit des Klimaschutzes darf nicht relativiert werden. Und das bedeutet, dass die Zeit für Öl- und Gasheizungen ausläuft. Daran ist nicht zu rütteln“, sagte Dr. Tobias Büttner, Geschäftsführer der Energieagentur Rheinland-Pfalz. Wichtig sei, „bei der Umsetzung der Wärmewende auch deren Kosten im Blick zu haben, für den einzelnen Bürger, aber auch für den Staat. Und wir haben gelernt, wie wichtig eine realistische Herangehensweise ist – auch und gerade im Bereich der Sanierungsraten und der Sanierungstiefe.“
Staatssekretär Michael Hauer betonte während der anschließenden Podiumsdiskussion, dass die Bundesregierung mit dem Wärmeplanungsgesetz ambitionierte Ziele für den Klimaschutz und die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern setze. Bis Mitte 2028 sollen alle Kommunen einen Wärmeplan erstellt haben. „Damit die kommunale Wärmeplanung in Rheinland-Pfalz gelingt, ist es mir wichtig, bei der Umsetzung des Gesetzes im Land alle mitzunehmen. Dazu sind wir bereits jetzt mit verschiedenen Akteuren im Land im Dialog, beispielsweise den kommunalen Spitzenverbänden. Denn Klimaschutz und kommunale Wärmeplanung gehen nur mit den Kommunen“, so Hauer „Es ist uns im Verfahren besonders wichtig, für alle Beteiligten zeitnah Planungssicherheit herzustellen. Dort wo zum Beispiel keine Wärmenetze möglich sind, sollte dies frühzeitig von den Kommunen für ihre Bürger verbindlich festgelegt werden können.“
Stand der kommunalen Wärmeplanung
Planungssicherheit ist ein wichtiges Thema für die Akteure, wurde bei dem Kongress deutlich. Entscheidend sei, dass das Landesgesetz zügig verabschiedet wird, damit die nötige rechtliche Grundlage gegeben ist. Auch die Bedeutung der Datenverfügbarkeit wurde mehrfach betont. Voraussetzung für eine zuverlässige und realistische Planung ist, dass alle Kommunen über die notwendigen Daten verfügen. Bisher gestaltet sich die Datenbeschaffung aber oft problematisch. Deshalb ist angedacht, dass die Landesenergieagentur die Aufgabe der Datenbereitstellung übernimmt, um Daten zu bündeln und besser verfügbar zu machen.
Konsens herrschte darüber, dass die Wärmewende auf die einzelne Kommune individuell abgestimmt sein muss, was gerade durch die kommunale Wärmeplanung geschehen soll. Der dezentrale Ansatz sei wichtig und richtig, um das vor Ort vorhandene Wissen zu nutzen und die Wärmeplanung an die lokalen Gegebenheiten anzupassen.
Für die Erstellung eines kommunalen Wärmeplans haben in Rheinland-Pfalz bereits 11 Prozent der Kommunen einen Zuwendungsbescheid erhalten, weitere 41 Prozent haben einen Antrag gestellt, aber noch keine Bewilligung erhalten, 31 Prozent wollen noch in diesem Jahr den Antrag stellen, bei 10 Prozent der 170 von der Energieagentur befragten Kommunen liegen Ausschlusskriterien vor – beispielsweise, weil die Kommune schon für ein Teilkonzept gefördert wurde. Die restlichen sieben Prozent wollten keinen Antrag stellen oder es liegen keine Infos vor.
Status Wärmenetze
In Rheinland-Pfalz als Flächenland mit wenigen großen Städten und viel ländlichen Gebieten ist der Anteil individueller Heizungslösungen sehr hoch, während der Anteil an Nah- und Fernwärmeanschlüssen im bundesvergleich gering ist. Aktuell sind nur 2,6 Prozent der Wohngebäude an Wärmenetze angeschlossen. Auch künftig werden gebäudebezogene Heizsysteme neben Wärmenetzen maßgeblich sein, da Wärmenetze nur dort sinnvoll sind, wo sie mit erneuerbaren Energien und wirtschaftlich betreibbar sind.
Als ein großes Hemmnis stuften die Experten beim Jahreskongress die langen Planungs- und Genehmigungsverfahren ein, da Preissteigerungen dazu führen können, dass beispielsweise Wärmenetze dann nicht mehr wirtschaftlich realisiert werden können.
Praktische Umsetzung
In Speyer sind die Stadtwerke sehr aktiv, was die Energiewende betrifft. Bereits 2005 wurde in der Domstadt der Beschluss gefasst, auf erneuerbare Energien zu setzen. Dabei legten die Verantwortlichen Wert darauf, eigenes Know-How aufzubauen. „Das ist uns gelungen und auch wichtig, dass wir als Energieversorger dieses Wissen haben und nutzen können“, betont Wolfgang Bühring, Geschäftsführer der Stadtwerke Speyer. „Wichtig ist auch eine Flexibilität bezüglich der Quellen, um eine ganzheitliche, sichere und preiswerte Versorgung mit erneuerbaren Energien ermöglichen“, so Bühring weiter. Die Stadt setzt dabei auch auf tiefe Geothermie. In Kooperation mit den Stadtwerken Speyer wird die tiefe Geothermie als sichere, heimische und skalierbare nachhaltige Energiequelle erschlossen, die auch in „Dunkelflauten“ also insbesondere im Winter und nachts verfügbar ist. Dabei wird 160 Grad warmes Wasser aus großen Tiefen gepumpt und für Strom- und Wärmeerzeugung genutzt.
Ein gelungenes Beispiel, wie die Wärmewende auch in kleinen Gemeinden angegangen werden kann, ist die 690-Seelen-Gemeinde Wahnwegen. Dort wurde mit Unterstützung der Energieagentur Rheinland-Pfalz ein Projekt angestoßen, dass mittlerweile so weit gediehen ist, dass im ersten Quartal 2024 die Machbarkeitsstudie fertiggestellt wird. 158 von 220 Hausbesitzern zeigen Interesse an einem Anschluss an ein Wärmenetz im Ort.
Schon umgesetzt wurden mehrere Nahwärmenetze im Ahrtal. Ende 2023 gehen, trotz zahlreicher Hürden und Schwierigkeiten, zwei kalte Nahwärmnetze in Rech sowie in Altenburg in Betrieb. Die Verantwortlichen betonen dabei, dass die Umsetzung von Wärmenetzen schneller von statten gehen müsse, da sonst die Gefahr besteht, dass zum einen die Kosten zu hoch werden und zum anderen Bürger sich für eine andere Heizvariante entscheiden.
Fördermöglichkeiten
Die Förderkulisse hat sich mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vor rund zwei Wochen stark verändert. Trotz der aktuell unklaren Lage, wie es aufgrund der Haushaltssperre mit zahlreichen Förderprogrammen weitergeht, kann eine Antragsstellung sinnvoll sein, da die hohen Förderquoten für die Kommunale Wärmeplanung nur bis Ende 2023 gelten und für die Förderquote das Antragsdatum entscheidend sei – unabhängig vom Zeitpunkt der Bewilligung. Anträge werden weiterhin bearbeitet, derzeit nur nicht bewilligt. Von der Haushaltssperre nicht betroffen sind die drei Landesförderprogramme Wärmewende im Quartier, KIPKI und ZEIS.
Erfolg für die Wärmewende
Für ein erfolgreiches Umsetzen der Wärmewende betonte Bad Dürkheims Bürgermeister Christoph Glogger den Austausch mit und das Lernen von anderen Kommunen sowie die Zusammenarbeit innerhalb der eigenen Verwaltung. Er empfahl, bei der Wärmeplanung frühzeitig die Öffentlichkeit mit einzubeziehen. Grundsätzlich sollten alle Akteure eingebunden werden, von den Stadtwerken über die Bürger bis hin zu Wohnungswirtschaft und Unternehmen. Dazu Andreas Göbel, geschäftsführender Direktor des Landkreistages: „Was es für die Wärmewende braucht, sind starke Partner vor Ort, auch private Unternehmen, dann bleibt auch die Wertschöpfung in der Region und die Unabhängigkeit steigt“.
Für ein Gelingen der Wärmewende sei es außerdem wichtig, alle Potenziale zu nutzen, die Wärmewende vielschichtig aufzubauen und auch für Herausforderungen wie Unterdeckungen im Winter und nachts Lösungen zu finden.
Büttner schloss die Veranstaltung mit den Worten: „Die Rahmenbedingungen sind heute schwieriger geworden also noch vor zwei Jahren. Finanzierung, Zinsentwicklung und Preissteigerungen haben dazu geführt, dass der Wind uns wieder mehr entgegenweht. Die Wärmewende bleibt herausfordernd, deshalb müssen wir alle gemeinsam daran arbeiten, die Wärmewende voranzubringen um die Klimaneutralität zu erreichen. Ich bin überzeugt, dass dies gelingen wird.“