Pachten statt kaufen

 

Im mittleren Rheintal treiben Stadtwerke und regionale Energieversorger die dezentrale Stromerzeugung voran.

In Zusammenarbeit mit lokalen Handwerksunternehmen bieten sie Photovoltaik-Anlagen zur Pacht an und unterstützen damit private Hausbesitzer, auch ohne Anfangsinvestitionen nachhaltig Strom in der Region zu erzeugen und zu einer klimafreundlichen Zukunft beizutragen. Zwei Beispiele aus Andernach und Neuwied.

Monatlicher Pachtbetrag statt hoher Anfangsinvestition

„Ökostrom ohne Investition!“ Mit diesem Slogan warben die Stadtwerke Andernach Energie GmbH (SWA-E) in diesem Frühjahr vier Wochen lang für ihr Vertriebspaket „Energiedach“ um neue Kunden. Großformatige Plakate in der Andernacher Kernstadt und in den Stadtteilen, Anzeigen in lokalen Printmedien, Postings in den sozialen Medien sowie Direktmailings sollten die Aufmerksamkeit auf ein Modell lenken, dass die Stadtwerke mit ihrem strategischen Partner Energieversorgung Mittelrhein (evm) bereits seit 2019 im Portfolio hat.

Interessierte können eine Photovoltaikanlage pachten und bis zu 50 Prozent ihres Strombedarfs damit decken. In sonnenfreien Stunden versorgen die Stadtwerke den Haushalt mit 100 Prozent Ökostrom. Zu viel erzeugter Strom wird in das Netz eingespeist und vergütet.

Mit dem Produkt will SWA den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit bieten, „ganz einfach“ zu einer Photovoltaik-Anlage auf dem eigenen Dach zu kommen. Ohne Anfangsinvestition; der Kunde zahlt über einen Zeitraum von 18 Jahren einen monatlichen Pachtpreis, aktuell ab 64 Euro gestaffelt nach der Leistung der Anlage. „Das Angebot richtet sich an private Hausbesitzer, die sich unabhängiger von steigenden Stromkosten machen und einen Beitrag zum Klimaschutz leisten wollen“, erläutert Lars Hörnig, kaufmännischer Geschäftsführer der Stadtwerke und unterstreicht: „Wir bringen die Energiewende in Andernach gerne gemeinsam mit der Bevölkerung voran.“

Wertschöpfung in der Region

Die Rollen und Aufgaben sind in diesem Pachtangebot klar verteilt. Die SWA Energie tritt bei diesem Modell als Vermittler und Ansprechpartner für die Andernacher Bürger auf. Der eigentliche Vertragsabschluss erfolgt zwischen dem Kunden und der evm, die auch Eigentümerin der PV-Anlage ist. Die Prüfung, Planung, Montage, Inbetriebnahme sowie Wartung und Instandhaltung der Anlage managt evm in Zusammenarbeit mit lokalen und regionalen Fachberatern, Dienstleistern und Handwerksunternehmen. Damit bleibt die Wertschöpfung vor Ort. „Wer auf solch eine Anlage setzt, investiert nicht nur in die eigene Zukunft, sondern auch in die Zukunft der Region“, ist SWA-Geschäftsführer Hörnig überzeugt.

Sorgfältig ausgewählte Partner

Auf der anderen Rheinseite, im rund zehn Kilometer entfernten Neuwied, können private Hausbesitzer ebenfalls ohne eigene Investitionen Solarstrom-Erzeuger werden: Das örtliche Stadtwerk ist selbst Investor, übernimmt somit Finanzierung und managt die Umsetzung der Solarstromanlagen. „Der private Hausbesitzer pachtet die Solarstromanlage und bezahlt den Stadtwerken während der 18-jährigen Vertragsdauer dafür eine garantiert gleichbleibende monatliche Pacht“, sagt Pascal Heers, Kundenbetreuer Privatkunden bei den Stadtwerken Neuwied. Nach der Pachtzeit erhalten die Kunden das Angebot, die Anlage gegen eine relativ geringe Gebühr zu erwerben.

Das Modell kommt offensichtlich an. In diesem Jahr habe sich die Nachfrage nahezu verdoppelt, sagt Heers. Mehr als 200 Angebote seien in den vergangen sechs Monaten an die Kunden gegangen. Fachhandwerker aus der Region installieren die Anlage und schließen sie an das Stromnetz an. „Deshalb ist die sorgfältige Auswahl von zuverlässigen Handwerkspartnern enorm wichtig“, unterstreicht Heers. 

Die Nachfrage boomt

Hüben wie drüben scheint das System „Pachten statt Kaufen“ zu ziehen. „Unsere Kampagne hat viel Interesse erzeugt“, sagt Laura Bell, bei SWA zuständig für Marketing und PR. Von der ersten Möglichkeitsprüfung bis zur Inbetriebnahme könne aufgrund der vielen Anfragen schon einmal ein gutes halbes Jahr vergehen. Auch nebenan in Neuwied gibt es Wartezeiten, weil die Nachfrage boomt, zugleich die Handwerksbetriebe mehr als ausgelastet sind. Aber: „Wir geben alles, um den Kunden schnellstmöglich ein Angebot machen zu können“, sagt Pascal Heers.


Best-Practice-Serie "Kommunen Machen Klima"

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Auch diese „Best-Practice“-Serie ist eine Gemeinschaftsaktion. Sie wird getragen von Landkreistag, Gemeinde- und Städtebund, Städtetag und der Energieagentur Rheinland-Pfalz, unterstützt vom Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen.

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