Rund ein Jahr nach der verheerenden Flutkatastrophe im Ahrtal nimmt der Aufbau einer nachhaltigen Wärme- und Energieversorgung in einer ganzen Reihe von Orten konkret Gestalt an. Wärmenetze spielen dabei eine zentrale Rolle, erklärt die Energieagentur Rheinland-Pfalz, die alle lokalen Projekte intensiv unterstützt. Parallel informiert sie auf Veranstaltungen und in Informationsbroschüren über die gesamte Palette an Heizmöglichkeiten auf regenerativer Basis und sie unterstützt Hauseigentümer, die Beratung zu umfassenden energetischen Sanierungsmaßnahmen suchen.
Nach den katastrophalen Ereignissen der Flutnacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 hatte sich die Landesenergieagentur zunächst darauf konzentriert, den Bedarf an kurzfristigen Übergangslösungen für das Beheizen noch bewohnbarer flutgeschädigter Gebäude zu ermitteln und die Beschaffung dafür benötigter Geräte und Infrastruktur zu koordinieren. Anfang Dezember 2021 war es in einer gemeinsamen Anstrengung mit dem Handwerk, Energieversorgern, Universitäten und zahlreichen freiwilligen Helfern gelungen, den erfassten Bedarf an provisorischen Heizungen abzudecken.
Fast zeitgleich nahm die Energieagentur ihre Beratungstätigkeit für betroffenen Kommunen auf – mit dem Ziel, möglichst umfassend nachhaltige Wärmesysteme zu etablieren. Im September 2021 startete gemeinsam mit der Verbraucherzentrale RLP die Veranstaltungsreihe „Wiederaufbau nach der Flut: Energetische Gebäude Sanierung und Möglichkeiten der nachhaltigen Wärmeversorgung“ in Marienthal. Das Format wurde in fast allen von der Flut betroffenen Kommunen durchgeführt. Die Botschaft fasst Paul Ngahan, Projektleiter Wärmeinitiative Rheinland-Pfalz, so zusammen: „Aus dieser Katastrophe heraus sollten wir die Chance nutzen, das von fossiler Energie geprägte Ahrtal in eine 100-Prozent-Erneuerbare-Energieregion zu verwandeln. Das wird nur gelingen, wenn wir fossile- durch strombasierte Wärmeversorgung ersetzen“.
Resultate zeigen sich nun: Marienthal hat im Juni mit dem Bau eines solar unterstützten Nahwärmenetzes auf Pellet-Basis begonnen; in viele Ortsgemeinden wie Rech, Mayschoß, Dernau und Altenburg werden Wärmeverbünde entstehen. Die Gemeinden Antweiler, Fuchshofen und Liers haben ebenfalls Interesse am Aufbau von Netzen gezeigt.
Der Schwerpunkt der künftigen Wärmeversorgung wird auf sogenannten „Kalten Nahwärmenetzen“ liegen, die Erdwärme nutzen und statt auf Brennstoffe auf Wärmepumpen setzen. Ihre Verwirklichung schreitet im Ahrtal deutlich schneller voran als sonst üblich; in Marienthal soll es sogar schon in der kommenden Heizperiode zum Anlaufen des Wärmenetzes kommen.
In den übrigen Gemeinden des Ahrtals werden erneut Übergangslösungen für Heizung und Warmwasserversorgung benötigt. Die Vergabe ist vom Kreis Ahrweiler auf die Verbandsgemeinden übertragen worden; die sollen vor Ort den Bedarf ermitteln und die Versorgung sicherstellen.
Die Bereitschaft der Menschen im Ahrtal, sich mit der Aussicht auf eine dauerhaft umweltverträgliche Versorgung einen weiteren Winter über mit Notlösungen zu behelfen, beschreibt Paul Ngahan von der Energieagentur Rheinland-Pfalz als „eindrucksvoll und sehr ermutigend“. Ngahan ist seit nun fast einem Jahr ständig in den flutgetroffenen Gemeinden unterwegs. Gemeinsam mit einem Mitarbeiterteam hilft er nicht nur dabei, die Realisierung von Wärmenetzen voranzutreiben, er informiert zudem über Fördermöglichkeiten.
Um dem Beratungsbedarf dauerhaft fachkundig begegnen zu können, hat die Energieagentur Rheinland-Pfalz Personal abgestellt für ein Zukunftsbüro im Ahrtal. Dieses spezifische Angebot wird von der Landesregierung finanziell gefördert.
Eckpunkte eines umsetzbaren Zukunftskonzeptes für den Landkreis Ahrweiler werden derzeit von Kreisverwaltung und Politik vor Ort erarbeitet. Die Landesenergieagentur wirkt in diesem Prozess als zentrale Beratungsinstanz mit. Das Einbinden vielfältiger kluger Ideen und konzeptioneller Vorschläge sowie umfassende Bürgerbeteiligung sind als feste Bestandteile dieser Entwicklungsarbeit eingeplant.
„Die Vision einer besonders auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit ausgerichteten Region Ahrtal ist nur als gemeinschaftliche Anstrengung von Kreis, Kommunen und Bürgerschaft zu verwirklichen“, sagt Christian Synwoldt, Abteilungsleiter Erneuerbare Energien in der Energieagentur Rheinland-Pfalz. „Eine große Mehrheit der Menschen hier wünscht sich einen klimagerechten Wiederaufbau im Tal – diese Chance müssen wir nutzen!“