Wie reagieren Weinbau und Tourismus auf den Klimawandel?

Die Flutkatastrophe an der Ahr dürfte „Wasser auf die Mühlen“ auch dieses Projektes geben – Stichwort Klimawandelfolgen. Natürlich ist dies ebenso ein aktuelles Thema wie eine Herausforderung für die Mosel-Region. Insbesondere für den Weinbau und den Tourismus, zumal beide Wirtschaftszweige eng verzahnt sind. Schnittstelle von Wissenschaft, Praxis und kommunaler Selbstverwaltung will daher das im Mai 2020 gestartete Projekt „Mosel-AdapTiV“ sein.

Die Universität Trier und die Stadt Traben-Trarbach sind die Initiatoren des Projektes. Eine Förderung – gestützt durch einen Beschluss des Deutschen Bundestages – steuert das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit bei. Das Projekt soll überregionale Strahlkraft und Leuchtturm-Charakter haben.

Schon der Faktencheck ist eindrucksvoll: 2800 Winzer (Stand 2019) sorgen an der Mosel für das unverwechselbare, einzigartige Landschaftsbild mit den typischen Steillagen. Die gesamte Rebfläche, wobei jene an den Nebenflüssen Saar und Ruwer hinzugerechnet werden, beträgt 8600 Hektar. Aus dem dortigen Traubengut werden durchschnittlich 810.000 Hektoliter Wein gewonnen, die zu 80 Prozent im Inland verbleiben.

Und die Moselweine wie die Kulturlandschaft selbst sind Zugpferde für den Tourismus. Fast 7,2 Millionen Übernachtungen zählte das Statistische Landesamt Rheinland-Pfalz für 2019. Damit war die Mosel-Region mit zirka 28 Prozent an allen knapp 25,9 Mio. Übernachtungen im Bundesland beteiligt. Der Umsatz durch den Mosel-Tourismus belief sich auf rund 1,263 Milliarden Euro brutto.

Bereits zwei Studien zu den Auswirkungen

Wie gut sind Weinbau und Tourismus auf den Klimawandel vorbereitet? Welche Folgen hat er für den Tourismusmagnet Traben-Trarbach? Welche Anpassungsmaßnahmen sind notwendig? – Diese Fragen stellen sich die Beteiligten von „Mosel-AdapTiV“.

Zwar musste die geplante Auftaktveranstaltung 2020 wegen der Corona-Einschränkungen ausfallen, dafür gab’s persönliche Gespräche mit den betroffenen Akteuren. Entstanden sind daraus zwei Studien: eine zu den Klimawandel-Auswirkungen auf den Tourismus, die andere zu den erwarteten und bereits registrierten Veränderungen im Weinbau. Erste detaillierte Ergebnisse stehen auf der Projekt-Webseite.

Oft fehlt Kommunen noch das Problembewusstsein

„Was sich deutlich zeigte: Dieses Megathema wird von den Zielgruppen unterschiedlich wahrgenommen“, resümiert Projektmitglied und Tourismusgeographin Katharina Horvath. Wie zu erwarten, seien Betroffenheit und Problembewusstsein „sehr stark ausgeprägt“ bei den Winzern. Im Gegensatz zu vielen Kommunen: In deren offiziellen touristischen Konzepten spiele der Klimawandel „noch keine große Rolle“. Katharina Horvath: „Veränderungen im Weinbau werden sich aber langfristig auch im Tourismus spiegeln. Daher ist jetzt schon eine ganzheitliche Betrachtung wichtig.“

Erfolgsfaktor Vernetzung

In diesem Zusammenhang setzen Projektleiterin Prof. Antje Bruns (verantwortlich für den Fachbereich „Nachhaltige räumliche Entwicklung und Governance“ an der Uni Trier) und das Projektteam um Katharina Horvath vor allem auf Vernetzung. Partner von „Mosel-AdapTiV“ sind das Rheinland-Pfalz-Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen in Trippstadt, das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum – DLR – Mosel in Bernkastel-Kues, die Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich, die IHK Trier, kommunale Entscheidungsträger in Traben-Trarbach, die Universität Trier sowie  die Touristikmanager und Winzer vor Ort.

Man wolle weg von der „Jeder-macht-etwas-Mentalität“, hin zu einem gemeinsamen, strukturierten Vorgehen mit fachspezifischen Fragestellungen. Die damit verbundenen Anpassungsmaßnahmen würden von „Mosel-AdapTiV“ aufbereitet und als kommunikationsorientierte Wissensplattform zur Verfügung gestellt.

„Wir verstehen uns als handlungs- und anwendungsorientiertes Projekt. Das heißt: Es geht darum, gemeinsam mit den Akteuren vor Ort erste Anpassungsmaßnahmen in Sachen Klimawandel zu entwickeln!“

- Prof. Dr. Antje Bruns

Nach Ahr-Flut Projektziel aktueller denn je

Was sind gegenwärtig die größten Herausforderungen des Projektes? „Den langfristigen Handlungsbedarf deutlich zu machen!“, sagt Horvath. Die kommunale Ebene habe den Klimawandel bislang eher als „abstrakte Bedrohung“ wahrgenommen. Bislang. Die Bilder der Flutkatastrophe an der Ahr könnten diesem Bewusstsein eine andere Richtung geben. Zumal auch in Traben-Trarbach jüngst Starkregenfälle zu verzeichnen waren. Das Hochwasser überflutete wieder einmal Keller und verursachte erhebliche Gebäudeschäden. In den Weinbergen führten die Regenfälle zu Bodenerosion.

Das Gesamtziel von „Mosel-AdapTiV“ ist also aktueller denn je. Die Folgen des Klimawandels im Weinbau und Tourismus zu bewältigen, setzt notwendige Anpassungsmaßnahmen voraus. „Und wir setzen uns dafür ein,“, sagt Katharina Horvath, „die Kapazität der Anpassung zu erhöhen.“ Denn es stehe die Zukunftsfähigkeit von Traben-Trarbach einerseits und der Mosel-Region als Wein- und Tourismusziel andererseits auf dem Spiel. Nicht mehr und nicht weniger.

Weitere Informationen zum Projekt „Mosel-AdapTiV“ gibt Katharina Horvath, Bahnstraße 22 in 56841 Traben-Trarbach, am Telefon 0175 649 56 777 oder per E-Mail: mosel-adaptiv@traben-trarbach.de. Auch auf der Projekt-Webseite sind weitere Informationen zu finden: www.mosel-adaptiv.uni-trier.de.
 


Info: Fragen an den Weinbau

Rebsorten:

  • Können veränderte Schnittsysteme (Stichwort Minimalschnitt) die Leitsorte Riesling vor allem im Bestand vor Sonnenbrandschäden zu schützen und die Reife hinauszuzögern?
  • Sollten eher hitze- und trockenheitsresistente (Rot-)Weinsorten ebenso wie pilzwiderstandsfähige Reben (so genannte „PIWIs“) angebaut werden?

Bodenerosion:

  • Vorbeugen durch mehr Zwischenzeilenbegrünung, insbesondere mit heimischem Saatgut?
  • Begrünung im Unterstock-Bereich mit der Anbaubaumöglichkeit einer Zweitkultur (etwa Kräuter wie Thymian oder Oregano)?

Wirtschaftlichkeit:

  • Kann ein Ausbau der Querterassierung den Arbeitsaufwand (und -kosten) in Steillagen deutlich verringern und gleichzeitig die Fähigkeit der Weinberge zur Wasserspeicherung erheblich verbessern?
  • Brachflächen reaktivieren bzw. umnutzen?

Info: Die Projektziele

Beispielhafte Projektziele von „Mosel-AdapTiV“ bis 2023:

  • Maßnahmenkataloge als regionalspezifische Leitfäden zum Anpassen von  Weinbau/Tourismus an den Klimawandel
  • Berücksichtigung des Themas Klimaanpassung in kommunalen und touristischen  Entwicklungskonzepten
  • Erstellen von Weiterbildungsmodulen für Gäste-Begleiter zum Klimawandel (Folgen / Anpassung)
  • Aufbau eines Klimawandel-Weinlehrpfades

Best-Practice-Serie "Kommunen Machen Klima"

Klimawandel und Energiewende sind Herausforderung und Chance zugleich. Den Kommunen kommt bei ihrer Bewältigung eine zentrale Rolle zu – sie gestalten mit ihren Entscheidungen, Maßnahmen und Projekten die Zukunft ihrer Bürgerinnen und Bürger. Und sie sind in vielen Fällen Vorbilder beim Einsatz für den Erhalt einer lebenswerten Umwelt.

Eine Reihe von besonders gelungenen Beispielen präsentieren wir regelmäßig im Rahmen der Serie "Kommunen Machen Klima": erfolgreiche Projekte, innovative Lösungen, ermutigende Erfolge, Chancen für die Zukunft. Alle zwei Wochen, immer dienstags, finden Sie einen neuen Beitrag auf der Seite "Kommunen Machen Klima" – verbunden mit der Hoffnung, dass die vorgestellten Taten möglichst viele Nachahmer finden werden. Denn der interkommunale Austausch kann Klimaschutz, Energiewende und eine klimaangepasste Entwicklung beflügeln. Kurz: Nachmachen ist ausdrücklich erwünscht!

Auch diese „Best-Practice“-Serie ist eine Gemeinschaftsaktion. Sie wird getragen von Landkreistag, Gemeinde- und Städtebund, Städtetag und der Energieagentur Rheinland-Pfalz, unterstützt vom Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen.