Klärwerk Koblenz ist innovatives EU-Modellprojekt


Koblenz ist nicht nur die drittgrößte Stadt des Landes, sondern auch ein attraktiver Innovationsstandort. Dass ausgerechnet beim kommunalen Klärwerk eine neue und innovative Technologie von europäischer Strahlkraft erprobt wird, ist auch nicht allen Koblenzer Bürgerinnen und Bürgern bekannt. Hier wird im Rahmen eines von der EU geförderten Projektes der organische Anteil des Abwassers so weit wie möglich minimiert und in Energie umgewandelt. Dazu wird das Großklärwerk seit dem Jahr 2010 zu einer energieautarken Pilotanlage umgebaut. Die Anlage soll Ende 2019 komplett installiert sein.

Klärschlamm minimieren und als Energiequelle nutzen

Kläranlagen sind wichtige Einrichtungen in den Kommunen. Täglich entsteht durch die Nutzung von Wasser Abwasser, das gereinigt werden muss, bevor es wieder in die Natur zurückgeführt werden kann. Bei der Behandlung des Abwassers werden mineralische und organische Fest- und Flüssigstoffe, sogenannter Klärschlamm, abgetrennt. Häufig landet dieser als Düngemittel auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. Dies ist allerdings nur noch sehr eingeschränkt möglich. Die ab Juni 2017 in Kraft getretene novellierte Düngeverordnung begrenzt die zulässige Ausbringungsmenge deutlich. Dadurch soll verhindert werden, dass die im  Klärschlamm enthaltenen Schadstoffe das Grundwasser verunreinigen und über Pflanzen in den Nahrungsmittelkreislauf gelangen. Seitdem sind Fragen der Klärschlammverwertung ein zentrales Thema.
In der Koblenzer Kläranlage soll daher gezeigt werden, wie der Klärschlamm mit Eigenenergie um etwa 85 Prozent reduziert werden kann. Bei optimaler Auslegung des Systems kann zusätzlich Energie zur Versorgung anderer Betriebsanlagen bereitgestellt werden.

Prozess der Trocknung und thermischen Verwertung

Der bei der Abwasserreinigung in den verschiedenen Reinigungsstufen anfallende Schlamm wird, wie bei den meisten Kläranlagen, in den Faulbehältern ausgefault. Dabei werden die im Schlamm enthaltenen organischen Bestandteile unter Luftabschluss abgebaut und in Methangas, CO₂ und Wasser umgewandelt. Der Gasbestandteil, das sogenannte Klärgas, wird in drei Blockheizkraftwerken (BHKWs) energetisch verwertet. Die dabei entstehende thermische Energie wird zum Trocknen des Klärschlammes nach der Faulung mit anschließender maschineller Entwässerung benötigt. Dazu wird ein Klärschlammtrockner mit dem heißen Kühlwasser von den BHKWs beheizt, der Klärschlamm verliert somit 2/3 seines Gewichts. Dieser Trocknungsprozess reduziert den Koblenzer Klärschlamm jährlich von rund 13.000 auf 3.000 Tonnen.
Hier ist im Klärwerk Koblenz jedoch noch nicht Schluss. Das durch die Trocknung zurückbleibende feste Granulat wird auf rund 850 °C erhitzt und in zwei Stufen vergast. Bei dieser Pyrolyse entsteht ein Synthesegas. Zudem werden alle organischen Gifte wie Medikamentenrückstände, Hormone und Bakterien vollständig beseitigt. Zurück bleibt eine mineral- und phosphorhaltige Asche, welche in der Düngemittelindustrie weiter verarbeitet werden kann. Das bei diesem Prozess entstandene Gas durchläuft weitere Reinigungsschritte, in denen Stoffe wie Teere, Schwermetalle und Schwefel entfernt werden. Schließlich kann dieses Gas in einem weiteren Blockheizkraftwerk zur Wärmegewinnung und Stromerzeugung genutzt werden. Die hierbei entstandene Wärme wird ebenfalls für den Klärschlammtrockner verwendet. Die Abwärme aus dem Trocknungsprozess wird zur Beheizung der Faulbehälter und des Betriebsgebäudes genutzt. Somit wird die Wärme im Klärwerk über die BHKWs, die Wärmerückgewinnung des Trockners und die Überschusswärme aus der Pyrolyse zu 100 weiter verwendet. Die in den BHKWs gleichzeitig erzeugte CO₂-neutrale elektrische Energie wird in das Energienetz des Klärwerkes zum Eigenverbrauch eingespeist. Dadurch wird der Strombezug auf ca. 10 % reduziert und es werden circa 3.500 t CO2 eingespart.

Auf dem Weg zur energieautarken Kläranlage

Die Verwertung des Klärschlammes ist immer mit einem hohen thermischen und elektrischen Energieverbrauch verbunden. Das Klärwerk Koblenz hat jedoch den Anspruch, energieautark zu werden. Ziel ist es daher, die im Abwasser und Klärschlamm enthaltenen Energieanteile optimal zu nutzen und auf die Zufuhr zusätzlicher, externer Energie zu verzichten. Ein Weg in die richtige Richtung im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes.

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